Interview mit den Grafikern der Tranthal-Serie

Wer ein Buch geschrieben hat ist oft einfach zu beantworten: Es steht auf dem Titel. Die Grafiker finden sich meistens erst im Kleingedruckten, wenn überhaupt – obwohl ohne sie ein Buch deutlich weniger hermachen würde. Grund genug also einmal nachzuhorchen, was das denn für Menschen sind, die der Tranthal-Serie ihr Gesicht verleihen: Timo Kümmel und Dirk Berger.

Als Autor ist man bei der Arbeit meistens alleine mit sich und seinen Ideen. Spannend wird es, wenn man das Werk zum ersten Mal „zu Wasser“ lässt. Testleser prüfen eine Geschichte, kritisieren, stellen Fragen und wollen mehr wissen zu diesem und jenem Detail. Aber gleichgültig, wie sehr man sich bemüht eine Szene zu beschreiben, jeder sieht sie meistens anders in seiner Vorstellung.

Auch für den Autoren ist es daher aufregend, wenn Künstler auf Basis des eigenen Werkes Gedanken in Bilder umsetzen. Ich bin stolz, mit zwei wunderbaren Grafikern arbeiten zu dürfen, die in der Szene einen ausgezeichneten Namen haben: Dirk Berger und Timo Kümmel. Dirk zeichnet für die Titelbilder verantwortlich, Timo für die Karten.

Und weil ich finde, dass ein gutes Buch nicht nur durch den Autoren, sondern auch Grafiker und Lektoren sowie Testleser geprägt wird, möchte ich Euch zu Beginn diese beiden etwas näher vorstellen.

Stefan: Seit wann arbeitet Ihr als Grafiker? Wie kommt man als Künstler zu Buchcovern?

Dirk Berger: Das ist schwer zu benennen, ich habe schon als Schüler gern gezeichnet, die Schulhefter waren voll davon. Meine Kunstlehrerin fand das (als Einzige) ziemlich gut und brachte mich mit einer Gruppe Kunststudenten zusammen, bei denen ich ein wenig mitmachen durfte. Das schlief dann aber alles irgendwann ein und erst Ende der Neunziger fing es wieder an. Ich war an der Herausgabe der letzten Lichtjahr-Anthologie beteiligt und die sollte illustriert werden, also habe ich zwei Bilder beigesteuert. Tja, da bin ich wohl wieder auf den Geschmack gekommen, vor allem, da der Haupthinderungsgrund – mangelnder Platz – durch das digitale Malen hinfällig geworden war. Seitdem ist es für mich der Ausgleich zu meiner beruflichen Tätigkeit. Buchcover (oder auch Innenillustrationen) sind für mich das Interessanteste, da ich seit mehr als vierzig Jahren SF lese und sammle. Natürlich habe ich auch schon andere grafische Arbeiten erledigt, aber Bücher machen mir einfach den meisten Spaß.

 

Timo Kümmel: Wenn ich mich recht erinnere, habe ich mich 2009 ganz offiziell als freiberuflicher Illustrator/Künstler beim Finanzamt gemeldet. Ohne Nebenjobs allein davon über die Runden kommen, kann ich allerdings erst seit ca. vier bis fünf Jahren. In der Fanszene aktiv und künstlerisch publizistisch für eher idealistische Taschengeldhonorare tätig, war ich allerdings schon seit Mitte der 90er. Und als Büchernarr und leidenschaftlicher Leser von kleinauf gab es für mich nie einen Zweifel daran, wofür ich Bilder gestalten wollte. Ich bin immer erstmal irritiert, wenn Anfragen zu anderen Mediennutzungen kommen, freue mich darüber aber natürlich nicht minder ;).

Stefan: Für wie viele Verlage seid Ihr tätig?

Timo Kümmel: Für alle, mit denen die Zusammenarbeit Spaß und Sinn macht. Das lässt sich nicht eingrenzen und schwankt ständig. Neue Kunden kommen hinzu, alte gehen. Mal ist ein Projekt der Beginn einer lang anhaltenden Zusammenarbeit, mal bleibt es lediglich dabei.

 

Dirk Berger: Kann ich jetzt schwer benennen, es sind wohl ca. 150 veröffentlichte Buchcover bei Verlagen in Deutschland, Großbritannien und den USA, also vielleicht um die zwanzig Verlage. 

Stefan: Was inspiriert Euch bei der Arbeit an einem Projekt?

Timo Kümmel: Schlichtweg alles. Ich denke, Menschen sind da wie Schwämme mit unendlicher Kapazität und ihr kreativer Output immer irgendwo auch die Summe der Dinge, die ihr Leben lang auf sie eingeprasselt sind – durch den Filter ihrer persönlichen Wahrnehmung. Bei Illustrationen gibt aber natürlich der zu bebildernde Stoff die Marschrichtung vor – vom großen Leitgedanken bis in die elementaren Details.

 

Dirk Berger: Ich habe den Luxus, nicht von meinen Bildern leben zu müssen. Von daher freue ich mich Bilder für Autoren zu gestalten, die ich gern lese. Das hat schon einige Male geklappt, zum Beispiel bei Tim Powers, James P. Blaylock oder Joe R. Lansdale. Ansonsten macht mir das Malen selbst einfach Spaß.

Stefan: Wie geht Ihr vor, wenn Ihr ein neues Manuskript bekommt? Lest Ihr jedes Buch und habt Ihr sofort Bilder im Kopf?

Timo Kümmel: Aus ganz unterschiedlichen Gründen ist das leider nicht immer möglich, aber ich versuche wirklich, jedes Manuskript vorab zu lesen, um mich mit der Materie vertraut zu machen. Ohne fühle ich mich oft orientierungslos und unsicher, brauche dann aber einfach stärkere Betreuung von Seiten des Verlages und der AutorInnen. Und in der Regel habe ich tatsächlich immer sofort ein paar Motive im Kopf, die ich mir als Titelbilder vorstellen könnte, aber es kommt durchaus vor, dass ich noch mal tiefer schürfen und länger schwanger gehen muss, um eine Idee zu visualisieren.

 

Dirk Berger: Das ist unterschiedlich. Manchmal haben die Verlage oder die Autoren selbst schon eine Idee, die sie nur umgesetzt sehen wollen und letztendlich fungiere ich ja eher als Dienstleister. Meist aber lese ich den Text auf der Suche nach geeigneten Szenen und stelle eine Liste zusammen, die ich dem Auftraggeber übermittle. Nach der Auswahl fertige ich einige Entwürfe an, aus denen das Passende ausgewählt wird. Und dann geht es los.

Stefan: Was macht Euren persönlichen Stil aus?

Timo Kümmel: Sag du es mir ;). Ich denke, wenn man nicht gerade eine überdeutliche Formensprache sein Eigen nennt, die sich relevant vom Naturalismus und anderen Künstlern abhebt, wird der persönliche Stil primär von anderen wahrgenommen. So wie wenn man seine eigene Stimme auf Band hört, und sich fragt: „Wer spricht da? Das bin unmöglich ich!“. Ich könnte nur sagen, dass ich eher zu statischen, stillen Bildkompositionen neige und mir Dynamik schwer fällt, auch wenn ich gelegentlich mal ein passables Ergebnis gebacken bekomme, aber ich schätze die ruhigeren Darstellungen einfach mehr. Die leise knisternde, elektrisch aufgeladene Ruhe vor dem Sturm, die mystisch nicht ganz greifbare Atmosphäre ist mir der liebste Moment. Dynamische Szenendarstellungen sind weniger meine Baustelle.

 

Dirk Berger: Ich sehe mich als Illustrator und halte mich schon an den durch den Text gestellten Rahmen. Allerdings muss auch der Verkaufsfaktor berücksichtigt werden, so dass das Resultat manchmal auch vom Inhalt abweicht. Ich bin ziemlich detailversessen und male selten abstrakt, am meisten liegen mir dynamische Szenen mit Sturm, Feuer, Wasser und natürlich dem Weltall. Mein Ziel ist es, erstaunliche, schwer vorstellbare Szenen realistisch darzustellen. Ich musste auch schon einmal Cover im Comicstil zeichnen, aber das ist dann wirklich harte Arbeit für mich.

Stefan: Habt Ihr ein besonderes Vorbild, einen bestimmten Künstler?

Timo Kümmel: Nicht wirklich. Im Bereich der Freien Bildenden Kunst schlug mein Herz immer für Gottfried Helnwein und Jenny Saville. In der phantastischen Kunst schätze ich die Arbeiten von Brom.

 

Dirk Berger: Zuallererst fallen mir da Namen wie HR Giger, Dalí oder Beksinski ein, die bewundere ich, aber das sind keine direkten Vorbilder. Bei Coverbildern vielleicht Michael Whelan, John Harris und natürlich Jon Foster, den ich echt bewundere. Ansonsten bin ich großer Fan der fantastischen Buchumschläge der US-Science Fiction der 20er bis 50er Jahre, also A. J. Donnell, Edd Cartier, Ric Binkley und natürlich Hannes Bok.

Stefan: Was unterhält Euch persönlich: Filme, Bücher oder sogar Hörspiele und Comics?

Dirk Berger: Das lässt sich leicht beantworten: ja alles davon. Und – wenn es die Zeit erlaubt – auch Spiele am PC.

 

Timo Kümmel: Ja, ja, ja und ja ;)! Und wenn wir jetzt noch die Platzierung von Filmen und Büchern tauschen, hätten wir auch meine persönliche Rangfolge. Zwar gucke ich weit mehr TV als ich lese, aber die Unterhaltung in Form von Büchern schätze ich als die qualitativ hochwertigste und erstrebenswerteste – und das sogar nahezu unabhängig von ihrem literarischen Wert, der zu großen Teilen ohnehin auf persönlichem Geschmack beruht und Ansichtssache sein kann. Ganz allgemein ist meine Prämisse bei allen Unterhaltungsformen der Aufbau einer emotionalen Bindung zum Konsumenten und ob dem Stoff wirklich Leben eingehaucht wurde.